Da ist sie endlich. die lang erwartete Fortsetzung der legendären Alien-Reihe. Aber nicht auf der großen Leinwand dürfen wir vor dem unheimlichen Wesen aus der Hand des leider kürzlich verstorbenen Mastermind H.R.Giger, der für das zeitlose Design des Aliens verantwortlich ist, flüchten, es verschlägt uns auf die Konsolen und den PC. Kann Alien Isolation an die kultige Filmreihe nahtlos anknüpfen oder verkommt es zu einem kontrovers diskutierten Titel ähnlich dem Film-Prequel „Prometheus“ aus dem Jahre 2012?
Ripley lebt!…
…und nein, dies ist kein Spoiler, der vor lauter Wut euer Herz rasen lässt. Denn im Spiel übernehmt ihr die Rolle von Amanda Ripley, die Tochter der legendären Weltraum-Amazone. Das Spiel beginnt 15 Jahre nach den Geschehnissen des ersten Alien Films und führt euch mit einer kleinen Crew in die Weltraumstadt „Sevastopol“, auf sich der geborgene Flugschreiber des einst verschollenen Raumkreuzers „Nostromo“ befindet. Auf diesem Kreuzer befand sich auch Amandas Mutters, Ellen Ripley, und so erhofft sich unsere Heldin neben wichtigen Informationen, die zum Verschwinden des „Nostromo“ führten, auch Hinweise auf ihre Mutter zu finden.
Das Spiel führt euch aber nicht nur nach Sevastopol, auch andere Orte wollen und müssen erkundet werden. Aber ich werde euch hier nichts vorweg nehmen, das müsst ihr selbst erlebt haben. Viel lieber gehe ich gezielt auf die Stärken des Titels ein und auch dessen Schwächen. Denn bei kaum einem anderen Spiel gilt bei Alien Isolation die Prämisse: „Wo viel Licht, da ist auch Schatten!“
Endlich (wieder) zuhause
Nicht nur Liebhaber des Franchises werden sich sofort heimisch fühlen, wenn sie die Raumstationen betreten und das absolut authentische Film-Design erblicken. Hier wurde mit viel Liebe zum Detail eine Welt erschaffen, die sich perfekt ins Alien-Universum einfügt. Von dem kargen und engen Aufbau der verwinkelten Gänge bis hin zu den Computer Terminals, dessen Software in dieser typischen DOS-Optik daherkommt, hier passt einfach alles! Dabei entsteht eine Symbiose aus Moderne und Vergangenheit, dessen Ästhetik sich niemand, der auch nur Ansatzweise ein Faible für das klassische Sciencefiction Genre hat, entziehen kann. Auch die ganzen Korporationen und so mancher bekannter Charakter befindet sich mit an Bord, wenn auch nicht immer auf dem Silberteller präsentiert. Toll! Auch der Sound überzeugt auf ganzer Linie. Überall knackt und knarzt, donnert und rumpelt es. Gegner wie auch Verbündete sind gut zu orten und die dezente musikalische Untermalung passt perfekt.
Traditionsgemäß gleicht das Spiel wie auch in den Filmen einem Versteckspiel. Mit purer Waffengewalt werdet ihr recht schnell das Zeitliche segnen, behutsames Vorgehen und ein perfektes Versteck sind der Weg zum Ziel. Neben den Titel gebenden Alien, auf dessen Präsenz ich später gesondert eingehen werde, trefft ihr auch auf menschliche Gegner und die sogenannten Hiwis, Androiden in menschlicher Gestalt, dessen Primärzweck ursprünglich darin besteht, den Menschen hilfreich zur Seite zu stehen. Eigentlich…
Das Hiwi-Design ist den Entwickler ebenfalls sehr gelungen. Solltet ihr einmal keine Möglichkeiten haben, den fehlgeleiteten Androiden auszuweichen und in den direkten Kampf gehen zu müssen, werdet ihr recht schnell erfahren, warum sich dieses Genre „Survival-Horror“ nennt. Die „Rotaugen“ bewegen sich absolut bedrohlich auf euch zu und verbreiten gerade in der Masse eine regelrechte Panik. Ich habe mich oft dabei erwischt, wie ich versuchte, vor lauter Panik doch noch einen Ausweg zu finden, nur um letztendlich in aller höchster Not das gesamte Magazin meines Revolver auf den herannahenden Androiden zu entleeren. Das Trefferfeedback ist superb und die Hiwis bewegen sich nach einem Treffer physikalisch perfekt, fallen kurzzeitig zurück, nur um anschließend nahezu unbeirrt weiter ihrem Ziel zu finden: Euch zu liquidieren.
Neben dem Revolver stehen euch noch andere Schlag- und Feuerwaffen zur Verfügung. Neben neben den eher konventionellen Argumentationsverstärkern könnt ihr euch auch weitere hilfreiche Gegenstände, ob tödlich oder nicht-tödlich, erstellen. Mittels Crafting-System bastelt ihr mittels gefunden oder von erledigten Gegnern gelooteten Gegenständen hilfreiche defensive wie offensive Gadgets. So könnt ihr mittels erstellten Blendgranaten eure Gegner verwirren oder versuchen, sie via Splittergranate gleich ganz zu erledigen. Eines der sinnvollsten Gadgets ist aber ohne Zweifel der Geräuschmacher, der mit seinen Tönen richtig platziert die Gegner von ihren Positionen lockt und euch so den Weg ganz ohne Gewalt freimacht.
Da gewaltloses Vorgehen wie bereits erwähnt zu empfehlen ist, könnt ihr euch auch in das Stromnetz hacken und so Alarme aktivieren und deaktivieren, die Entlüftung ausschalten, was für dichte Nebelwände in den Gängen sorgt. Experimentiert einfach mal mit den verschiedenen Konfigurationen, mit ein wenig Geschick lässt sich immer etwas Passendes finden.
Aufgelockert wird das Spielgeschehen durch einige Minispielchen. So könnt ihr, nach dem ihr den Decoder gefunden habt, elektronisch verriegelte Türen öffnen. Dafür müsst ihr zuerst die passende Sequenz finden und dann in einer Art Puzzle aus verschiedenen Vorlagen das angezeigte Bild entschlüsseln. Diese Spiele sind aber sehr einfach gehalten und trotz Zeitlimit kein Problem.
Subjektive Objektivität
Fassen wir das Bisherige einmal kurz zusammen: Das Spiel besticht durch seine beklemmende Atmosphäre und seine absolute Detailverliebtheit? Check! Es ist gibt ein ordentliches Crafting-System? Check! Das Gameplay überzeugt durch eine gelungene Run & Hide Mechanik und setzt auf bedachtes Vorgehen anstatt wildem Ballern in Rambo-Manier? Check!
Also, Top-Bewertung drunter und das Spiel als Hit des Jahres anpreisen? Nicht so schnell…
So toll die Inszenierung und die grundlegende Spielmechanik auch ist, so gibt es einige regelrechte Designpatzer, die das Spielvergnügen maßgeblich trüben. Zum Test nutzte ich die Deutsche Tonspur. Ist es prinzipiell ja sehr lobenswert, dass Spiele heute noch vollumfänglich lokalisiert werden und die Sprecher machen auch einen guten, wenn auch nicht überragenden Job. Aber beim Thema Lippensynchronität wurde eindeutig geschlampt. In den teils ruckeligen Sequenzen, in denen die Beteiligten Charaktere im Übrigen über einen derart leeren Gesichtsausdruck verfügen, als wären sie selbst Androiden, wie auch im Spiel selber kann man permanent beobachten, wie die Charaktere zwar ihren Mund bewegen, aber nicht sprechen. Andersherum funktioniert es genauso: Man hört den Gegenüber deutlich sprechen, aber sein Mund bleibt vollkommen regungslos. Das ist insofern doppelt ärgerlich, weil dies zumindest in meinen Augen die Immersion zerstört, die das Spiel immer wieder aufbaut. Mit etwas mehr Mühe wäre dies relativ einfach zu vermeiden gewesen.
Auch habe ich das Gefühl, dass das Spiel mich manchmal nicht für voll nimmt. Ich verstehe, dass Amanda keine geborene Kämpferin ist und die Flucht bzw. die Vermeidung von Gewalt das oberste Ziel sein sollte. Aber das Spiel nimmt einen manchmal zu sehr an die Hand, was in mitunter grotesken Situationen enden kann. Was meine ich genau? Relativ am Anfang des Spiels kommt es zu einer Konfrontation mit einer kleinen Gruppe feindlich gesinnter Menschen, infolge dessen auf mich geschossen wird. Natürlich wäre es äußerst unklug, die zu dieser Zeit nur mit einer Art Schlagwaffe ausgerüsteten Amanda auf die Gruppe loszulassen. Aber das Spiel gibt mir nun mal diese Möglichkeiten, also versteckte ich mich solange, bis ich einen der Gegner von hinten überwältigen konnte. Infolge dessen plünderte ich diesen und schnappte mir die Revolver-Munition. Der Revolver selbst wurde vom Gegner deutlich hörbar fallen gelassen und liegt neben dem Korpus. Was liegt also nahe? Den Revolver schnappen, um sich im äußersten Notfall besser verteidigen zu können? Pustekuchen! Es gibt keine Möglichkeiten, die Waffen an sich zu nehmen, weil das Spiel es in diesem Moment einfach noch nicht vorgesehen hat! Die Waffe gibt es offiziell nämlich erst ein paar Momente später, auf einem Schreibtisch liegend um anschließend von Amanda erleichtert an sich genommen zu werden.
Es tut mir leid dies mit aller Deutlichkeit sagen zu müssen, aber solche Patzer im Spieldesign darf es im Jahre 2014 schon lange nicht mehr geben. Es liegt hier ganz klar beim Entwickler, solche Fehler zu vermeiden und für eine andere Art der bedrohlichen Situation zu sorgen.
Das Alien – (Leider) Immer einen Schritt voraus!
Und nun kommen wir zum wichtigsten Punkt des ganzen Spiels – Das Alien! Schon im Vorfeld wurde vielerorts über das Vorgehen des Xenomorphen diskutiert und auch im Gespräch mit meinem geschätzten Kollegen semiBJoker wie auch im offiziellen Gamepro Forum kann es demzufolge zu einer angeregten, mehr oder weniger sachlichen Diskussion.
Zuerst muss ganz klar gesagt werden, das Alien ist die Versinnbildlichung der absoluten Bedrohung und muss ein ganz besonders harter Brocken sein. Ich hätte kein Problem, während der über das Spiel verteilten Konfrontationen, auch minutenlang in der scheinbar sicheren Deckung zu verweilen und auf den passenden Moment zu warten, um hinter dem Rücken des Aliens die Flucht zu ergreifen.
Im Grunde ist das Katz & Maus Spiel auch spannend gestaltet, etwa wenn ich mich in einem Spind verstecke und das Alien auf seiner Suche nach mir den ganzen Raum durchforstet. Oder wenn ich einen Geräuschmacher im letzten Moment von mir werfe und das Alien der Geräuschquelle folgt, ehe es mich entdeckt hat. Aber so sehr ich mich auch anstrenge, so sehr ich überlege welchen Weg ich als nächsten bestreite: Ich konnte das Alien mehrmals dabei beobachten, wie es ohne auch die Wege-Möglichkeiten zu haben, urplötzlich vor mir auftaucht, obwohl es definitiv hinter mir sein müsste.
Gut kann man es auch im Motion-Tracker erkennen: Oftmals taucht das Alien links auf, verschwindet wie aus dem Nichts und steht plötzlich rechts neben einen. Nur leider hat es auf dem linken Weg weder eine Tür noch einen Schacht gegeben, in den es hätte verschwinden können. Hier wäre mir ein eigenständig agierendes Alien lieber gewesen, zumal die manuellen Speichermöglichkeiten oftmals weit voneinander entfernt sind und ihr etliche Minuten nochmals zurücklegen müsst, nur um wieder ohne eigenes Verschulden getötet zu werden. Frustration ist hier vorprogrammiert!
Fazit & Wertung
Hollewood:Was der Entwickler Creative Assembly hier an Fanservice abliefert ist grandios. Vom Level über das Gegnerdesign steckt hier unheimlich viel Liebe zum Detail drin. Auch die beklemmende Atmosphäre in Verbindung mit dem grandiosen Surround Sound ließ mir das ein oder andere mal gehörig den Schauer über den Rücken laufen. Auch Amanda Ripley gefällt mir als Protagonistin gut, wenn sie auch bei weitem nicht die Klasse einer Ellie aus The Last of Us erreicht. So könnte man meinen, dass Alien: Isolation ein rundum gelungenes Spielvergnügen bietet. Tut es aber leider nicht. Neben den mäßigen Sequenzen mit den starren Gesichtern der Beteiligten und der schlechten Lippensynchronität (dt.Version) missfallen mir im Besonderen das unfaire Verhalten des Alien und manche Designpatzer im Spieldesign an sich. Und anders als meine Kollegen sehe ich darin nicht den Reiz den Spiels, sondern eine vertane Chance. Dennoch kann ich mit gutem Gewissen sagen: Seit ihr frustresistent und verzeiht auch den ein oder anderen Fehler im Spieldesign, erwartet euch mit Alien Isolation ein spannender SciFi-Thriller. Fans der Alien Saga haben das Spiel sowieso schon lange durch!
Lord_Drake:Alien: Isolation ist in einem bereits erfolgreicher als der inoffizielle Vorgänger Colonial Marines: Es polarisiert ungemein mehr. Waren sich beim Shooter fast alle durch die Bank einig, dass das Spiel schlecht und die Trailer grafisch ein Betrug waren, dreht sich bei der Isolation die gesamte Diskussion nur um das Spielgeschehen selber. Ist das Alien unfair oder erzeugt dies durch seine permanente Bedrohlichkeit eher die Spannung, welche man von so einem Spiel erwartet? Wie eigentlich bei allen Spielen, sollte man sich hier bei Interesse seine eigene Meinung schaffen und sich nicht von anderen Meinungen vom Kauf abhalten lassen. Heutzutage liegt die Frustrationsgrenze bei vielen auch ungemein niedriger. Meine persönliche Meinung zum Spiel? Kaufen! Man bekommt genau das, was man schon ewig von einem „Alien“ Spiel haben wollte: Angst! Das Alien ist eine Bedrohung. Wer weiß, wo das Vieh überall lauert. Und wer trotzdem unachtsam unter einem Lüftungsschacht läuft, kann am besten gleich ein Rotes Hemd tragen!
semiBJoker:Ich kann nicht genau sagen, wann ich das erste Mal einen Alien Film gesehen habe. Nur das es unheimlich war und ich viel zu jung. Seither bin ich aber Fan der Alien Saga. Alien: Isolation orientiert sich bewusst am ersten Serienteil und stellt dem Spieler nicht nur ein übermächtiges Monster entgegen, sondern konfrontiert ihn auch immer wieder mit menschlichen Abgründen und fehlgeleiteter Technologie. Dabei wird nicht nur das Szenario übernommen, denn loslaufen und sich durch die Gegner kämpfen ist nicht nur einfach schwer, es ist schlicht nicht möglich. Für mich macht dies den Reiz des Spiels aus. Endlich mal nicht der alles nieder meuchelnde Massenmörder, sondern eine realistische Person sein, die ohne Kampfausbildung und ohne übernatürliche Kräfte daher kommt. Dieser Umstand und die brillante Technik führen dazu dass ich mich wirklich in meine Figur hineinversetzt fühle und realistisch handele. Das bedeutet aber auch langsam von Deckung zu Deckung schleichen und auch schon mal fünf Minuten in einem Schrank ausharren. Für Action-Fanatiker und Ungeduldige ist dies nichts. Für mich als Fan der Vorlage ist es aber ein wahr gewordener (Alp-)Traum.
Wertung von Hollewood: 79%
Vielen Dank an Sega/Koch Media, die uns ein Testmuster zur Verfügung gestellt haben. Getestet wurde anhand der Xbox One-Version.